Eugen Schmalenbach Foto Eugen Schmalenbach

Eugen Schmalenbach - unser Namenspatron - ist nicht nur einer der herausragenden Betriebswirtschaftler des letzten Jahrhunderts, sondern auch ein geborener Halveraner. Was lag also näher, als eine kaufmännische Schule, die auf dem Gelände der Stadt Halver liegt, nach ihm zu benennen.

Die folgenden Informationen sind überwiegend einem Vortrag entnommen, den Prof. Dr. G. Sieben am 31. August 1996 aus Anlass einer Feierstunde zur Umbenennung unserer Schule gehalten hat.

Zu seiner Person und seinem Lebenswerk nachfolgend einige Fakten!

 

Lebenslauf 

Lebenslauf

Jugend und Ausbildung

Am 20.08.1873 wird Eugen Schmalenbach in Halver/Westfalen, Ortsteil Schmalenbach, geboren. Sein Vater - Friedrich Schmalenbach - betreibt zur Zeit seiner Geburt 1873 eine Fabrik für Kleineisenwaren in Breckerfeld, unweit von Halver.

Im Frühjahr 1890, im Alter von 16 Jahren, verlässt Schmalenbach aufgrund finanzieller Schwierigkeiten seines Vaters das Dörpfeld-Gymnasium in Elberfeld. Für Schmalenbach bedeutet dies zunächst das Ende aller hochfliegenden Pläne und Hoffnungen von Abitur und Studium das Ende des Traumes von einer großen Karriere.

Schmalenbach beginnt statt dessen - nach einer kurzen Volontärzeit in einem Unternehmen des Maschinenbaus - mit einer kaufmännischen Lehre in einer Eisenwarenfabrik. In der Zeit von 1894 bis 1898 ist er im väterlichen Unternehmen tätig, zuletzt als Leiter des Hauptbetriebes mit der Verantwortung für die Fabrikbuchhaltung und Vertriebskalkulation.

Mit der Eröffnung der Handelshochschule Leipzig gehört Schmalenbach zu ihren ersten Hörern. So gelingt ihm nun doch der Einstieg in die Hochschule. Das Hochschulexamen besteht er im Jahre 1900 mit der Note sehr gut. Danach studiert er an der Universität Leipzig Nationalökonomie bei Karl Bücher, der durch seine Studien zum Gesetz der Massenproduktion bekannt wurde. Schmalenbach wurde Assistent von Bücher.

Wissenschaftliche Karriere

Auf Anregung Büchers geht Schmalenbach 1903 an die 1901 gegründete Handelshochschule Köln, die als Stiftung ohne Anlehnung an die Universität errichtet werden konnte. Dort habilitiert er sich, wird 1904 zum Dozenten ernannt und 1906 als Professor berufen. Ein erstes hohes Ziel ist erreicht.

Im gleichen Jahr erscheint die von ihm begründete "Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung", deren Herausgeber sowie zugleich eifrigster Redakteur und Autor Schmalenbach selbst ist. Hier geht es ihm zunächst primär darum, in einem ersten breit angelegten Schritt betriebswirtschaftlich interessante Sachverhalte aus der Praxis zu erheben. Bis 1933 veröffentlicht er in seiner Zeitschrift um 100 Aufsätze, von denen einige Grundlage seiner späteren Standardwerke werden.

Als am 29. Mai 1919 die Universität zu Köln - nach einer längeren Schließung aufgrund einer Zustimmung der Preußischen Regierung zu einem Vertrag mit der Stadt Köln - wieder eröffnet wurde, wird die Handelshochschule zur Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät der Kölner Universität gewandelt. Aus Anlass der Einweihung der Fakultät verleiht sie Eugen Schmalenbach die Würde eines Dr. rer-pol.

Schwerpunkt der Schmalenbachschen Arbeit war das Rechnungswesen mit der Bilanzlehre, der Kostenrechnung und dem Kontenrahmen. Weitere Arbeitsgebiete stellten die Forschungsbereiche Finanzierungen und Kapitalwirtschaft sowie Unternehmensbewertung und Organisationslehre dar.

Eugen Schmalenbach wird auch bald ein begehrter Berater sowohl für den neuen demokratischen Staat und seiner im Jahre 1923 wieder erstarkenden Wirtschaft, als auch für renommierte Unternehmen wie die Feinpapierwerke Zanders in Bergisch-Gladbach und für die Leonard Tietz AG, später Kaufhof AG in Köln. Erwähnt seien ferner die Mitgliedschaft im Reichswirtschaftsrat, die Berufung zum Sachverständigen für die Eröffnungsbilanz der dt. Reichsbahngesellschaft sowie der Vorsitz in den Kommissionen für Braunkohlenbergbau und Steinkohlenwirtschaft.

Opfer des Nazi-Terrors

Während der Nazi-Zeit war Eugen Schmalenbach wegen seiner jüdischen Ehefrau Repressalien und Verfolgung ausgesetzt. Auch auf dem Lande waren die Wirkungen des bornierten Fanatismus leider zu spüren. Am 22. August 1939 schrieb er an seinen Bruder, dass "einige Burschen" anlässlich der verharmlosend so bezeichneten "Reichskristallnacht" die Fenster von Schmalenbachs Landhaus in Halver einwerfen wollten. Wer sie schließlich doch noch davon abgehalten hat, vermerkt er leider nicht. Über Halver schreibt er im gleichen Brief, dass die Gegend "doch sehr pro eingestellt" sei und man "den Antisemitismus gelegentlich zu spüren" bekomme. Nur die Luft sei hier so gut wie immer: "Man wundert sich zuweilen darüber, aber es ist tatsächlich so." Es war sein letzter Besuch in Halver auf Jahre hinaus. Den Hitlerkrieg hat das Ehepaar nur in einem Versteck im Hause eines mutigen ehemaligen Mitarbeiters namens Helmut Feist überleben können.

Der Professor als Unternehmer

Eugen Schmalenbach wird entsprechend seiner Herkunft jedoch auch selbst unternehmerisch tätig. So engagiert er sich in verschiedensten Gesellschaften unterschiedlichster Art. Verschiedene Patente künden ferner von seinem Ehrgeiz als Erfinder und Unternehmer.

Alle seine Werke und Lehren spiegeln den Einfluss seiner vom kleinen und mittleren Unternehmen geprägten Praxiserfahrung wieder, und sein Name avancierte - begründet auf diesen Erfahrungen - zum Markenzeichen für ein fruchtbares Wechselspiel zwischen Theorie und Praxis. Die Theorie, und zwar die angewandte Theorie, war seine Stärke.

Eugen Schmalenbach stirbt - 81 Jahre alt - am 20. Februar 1955.

Lebenswerk 

Lebenswerk

Ausgangspunkt seines Schaffens ist das Postulat der Wirtschaftlichkeit. Diese Ziel verfolgte er konsequent. Dabei kam der Kosten- und Erfolgsrechnung große Bedeutung zu. Seine heute zu wissenschaftlichem Allgemeingut gewordene Erkenntnis lautete:

Nur auf der Basis von dem jeweiligen Rechnungszweck entsprechend gewählten Werten kann der Kaufmann zu Entscheidungen gelangen, die für das Unternehmen ein Höchstmaß an Wirtschaftlichkeit versprechen.

Generell stand für Eugen Schmalenbach bei der Arbeit mit seinen Studenten die wirtschaftlich ausgerichtete Denkschulung im Vordergrund. Sie sollten in enger Verzahnung mit betrieblicher Praxis befähigt werden, in Aufwand und Ertrag, in Kosten und Leistung zu denken, um so seine These von einer nach dem jeweiligen Zweck der Rechnungslegung differenzierenden Bewertung umzusetzen.

Das wissenschaftliche Interesse Eugen Schmalenbach galt folgenden Schwerpunkten:

Die Bilanzlehre

1919 erschien Eugen Schmalenbachs Werk von der dynamischen Bilanz(lehre), welches 12 Auflagen und eine große Anzahl von Übersetzungen in fremde Sprachen, so bspw. auch in die japanische Sprache erfahren hat und zu jener Zeit im Mittelpunkt der bilanztheoretischen Diskussion stand. Dieses wissenschaftliche Werk hat viele Bereiche der Betriebswirtschaftslehre, auch die Lehre von der Unternehmenserhaltung, beeinflusst und wurde von vielen Autoren vertieft und weitergeführt.

In der dynamischen Bilanz stand für Eugen Schmalenbach - abweichend von der üblichen Darstellung - die Messung des Erfolges und nicht wie im Rahmen der statischen Bilanzauffassung die Messung des Vermögens im Vordergrund. Die Bilanz erfüllt für Schmalenbach die Funktion eines Kompasses. Dabei wird die Entwicklung des vergleichbaren Periodenerfolges als Maßstab der Wirtschaftlichkeit betrachtet und der Erfolg als Differenz zwischen Aufwand und Ertrag definiert.

Bis heute haben die grundlegenden Elemente der dynamischen Bilanzlehre nicht an Bedeutung verloren, sonder eher an Relevanz gewonnen. Zu nennen wären hier insbesondere die von Eugen Schmalenbach formulierten und akzentuierten Grundsätze des Vorsichtsprinzips und des Realisationsprinzips, der Periodenabgrenzung sowie das Prinzip der Kontinuität. Über die Bedeutung dieser Grundsätze ist zur Zeit die Diskussion vor dem Hintergrund internationaler Entwicklungen erneut entfacht und die Deutung modifizierter Bilanzrechnung als Wirtschaftlichkeitsrechnung ist wieder ganz aktuell.

Unternehmensbewertung

Nach der Auffassung Erich Gutenbergs - eines bekannten Kölner Professors der Betriebswirtschaftslehre - gelang Eugen Schmalenbach aber vor allem mit dem 1925 erschienenen Werk "Die Grundlagen der Selbstkostenrechnung und Preispolitik" - das sich als Erweiterung des bereits 1919 erschienenen gleichnamigen Aufsatzes verstand - der wissenschaftliche Durchbruch. Großer Bedeutung kommt in diesem Werk Schmalenbachs dem Verhalten der betrieblichen Kosten bei Beschäftigungsänderung und ihrer Bewertung zu. Auf der Basis dieser Untersuchung zur Kostenrechnung entwickelte sich bis zum heutigen Tag eine Vielfalt an modernen Kostenrechnungsarten, wie bspw. die Teil-, die Plan- und die Prozesskostenrechnung, die wiederum als Instrumente des Controlling zum Einsatz gelangen.

Die mit dem von Eugen Schmalenbach entwickelten Kontenrahmen ermittelbaren fixen Kosten als Kosten, die vom Beschäftigungsgrad unabhängig sind, galt es nach Eugen Schmalenbach in der Kalkulation und Preispolitik auszugliedern. Mit diesem Gedanken legte er in Deutschland den Grundstein für die Deckungsbeitragsrechnung, derer sich insbesondere Paul Riebel später annahm. Der heutige direct-costing-Gedanke in den USA weist in dieselbe Richtung.

Kostenrechnung

Besonderes Verdienst erwarb sich Eugen Schmalenbach auch mit der Übertragung des volkswirtschaftlichen Grenznutzengedankens auf die Selbstkostenrechnung: Diese These stand im Gegensatz zu der verbreiteten Ausgabenrechnung, in die nur die für Produktionszwecke tatsächlich erfolgten Ausgaben einfließen. Eugen Schmalenbach bezeichnete den von ihm präferierten aus der Nutzenstiftung eines Gutes abgeleiteten Wert als optimale Geltungszahl. Es ist nicht zuletzt sein großes Verdienst, den Grenzkostenbegriff in die Betriebswirtschaftslehre und die betriebliche Praxis eingeführt zu haben. Auch zur innerbetrieblichen Steuerung eingesetzte Verrechnungspreise lassen sich auf Gedanken von ihm zurückführen. Seine Ausführungen zur pretialen Lenkung als organisatorisches Prinzip formulierte er 1948.

Er schrieb in diesem Zusammenhang: "Die Organisation als Instrument zur Gestaltung der Wirtschaftlichkeit hat zum Ziel, den Betrieb so zu ordnen, dass sich aus dem Zusammenspiel der Organe eine möglichst hohe Gesamtleistung ergibt."

Eugen Schmalenbach gehörte zu den Anhängern des dezentralen Verwaltungsprinzips. Damit war er der Überzeugung, dass der Verwalter eines Teilbetriebes bis hinunter zum Meister ein hoffentlich vernünftig ausgewählter Mensch ist, der seinen eigenen Verstand hat und auch zu nutzen weiß, und dem man unterstellen kann, dass er die Belange seines kleinen Betriebes - im Sinne der ihm anvertrauten Kostenstelle - um einiges besser kennt als der Generaldirektor, der Verantwortung für das Ganze trägt. Dann genüge es auch, um weiter mit Schmalenbachs Worten zu sprechen, diesen unteren Betriebsleiter lediglich "in der richtigen Linie und im richtigen Interesse zu halten."

Eine größtmögliche Delegation von Verantwortung an Teilbetriebe kann nach Eugen Schmalenbach am besten im Wege der anteiligen Beteiligung am Unternehmensgesamterfolg erreicht werden. Dadurch sollen z.B. Abteilungsleiter zu frei entscheidenden Unternehmern werden, deren Entlohnung an den Erfolg ihrer Abteilung gekoppelt ist.

Die damaligen - von Eugen Schmalenbach angestellten - Überlegungen zur Dezentralisierung finden heute in der Aufgliederung einer Unternehmung nach dezentralen Verantwortungsbereichen, dem sog. Cost- oder Profit-Center-Prinzip und dem Prinzip der Managementholding in der Fachwelt Berücksichtigung.

Filmdokumente

Das Leben und Wirken Eugen Schmalenbachs kann auch durch drei kurze Filme nachvollzogen werden.

Credits zu den Filmbeiträgen:
Redaktion, Idee: Christian Thunig
Produktion, Regie: Arne Sinnwell
Kamera: Arno Baltuttis

Teil 1:    www.youtube.com/watch?v=gLsMvWSFmvU   7 Minuten

Teil 2:    www.youtube.com/watch?v=x7nTL9dxuLY       8 Minuten

Teil 3:   www.youtube.com/watch?v=lRFh2CVdDqs       6 Minuten

 



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